Wissenswertes ĂŒber Bremszangen
Bremse ist nicht gleich Bremse. Die Motorrad-Konstrukteure lassen sich immer wieder neue Stopper einfallen.

Schwimmsattel vs. Festsattel
Scheibenbremsen sind heute das MaĂ der Dinge in der Verzögerungstechnik. Klar, weiĂ doch jeder. Aber weiĂt du auch, welche Art von Scheibenbremsen an deinem Motorrad verbaut sind? Es gibt da nĂ€mlich durchaus groĂe konstruktive Unterschiede, vor allem, was die Bauweise der BremssĂ€ttel oder Bremszangen angeht.
- Schwimmsattelbremsen erkennt man an den nur auf der AuĂenseite platzierten Bremskolben
- Schwimmsattelbremsen kommen auch mit einteiligen Bremsscheiben zurecht
- Bei Festsattelbremsen stehen sich immer zwei Bremskolben gegenĂŒber
- Festsattelbremsen haben meist Bremsscheiben, die in so genannten Floatern gelagert sind
Bremssatteltypen
Ein grundlegendes Problem bei der Konstruktion von Scheibenbremsen ist die Notwendigkeit, die Scheibe von beiden Seiten gleich stark in die Zange zu nehmen. Dazu mĂŒssen sich Scheibe und BelĂ€ge immer wieder neu aneinander anpassen. Diese FlexibilitĂ€t erreichen die Konstrukteure, indem sie entweder die Scheibe oder den Sattel âschwimmendâ lagern, d. h. ein seitliches Spiel des Bauteils (einige Zehntel-Millimeter) ermöglichen. Man spricht dann entsprechend von einer Schwimmsattelbremse mit fester Scheibe oder von einer Festsattelbremse bei schwimmend gelagerten Scheiben.
Aber: Keine Regel ohne Ausnahme! Speziell bei den relativ wenig belasteten Hinterradbremsen sind bei manchen Modellen Sattel und Scheibe fest montiert.
SchwimmsĂ€ttel findet man noch hĂ€ufig an kleineren, weniger leistungsstarken MotorrĂ€dern. FestsĂ€ttel sind aufgrund ihrer gröĂeren LeistungsfĂ€higkeit Standard an starken und schweren Maschinen.

Schwimmsattelbremsen mit nur auf der AuĂenseite platzierten Bremskolben.

Schwimmsattelbremsen mit einteiligen Bremsscheiben.

Festsattelbremsen mit zwei Bremskolben gegenĂŒber.

Festsattelbremsen haben meist Bremsscheiben, die in so genannten Floatern gelagert sind.

Hightech vor fast 50 Jahren: Einkolben-Schwimmsattel einer Kawasaki Z 900.
Drucksache: Bremskolben

Skizze: Hightech vor fast 50 Jahren: Einkolben-Schwimmsattel einer Kawasaki Z 900.
Irgendwie muss der Bremsbelag an die Scheibe kommen. Bei allen neuzeitlichen Bremssystemen wird der nötige Druck hydraulisch aufgebaut: Vom Bremshebel ĂŒber eine Hydraulikleitung zum Bremskolben. Im Prinzip reicht dazu ein einzelner Bremskolben. Fast alle modernen Vorderrad-Scheibenbremsen verfĂŒgen aber ĂŒber zwei bis sechs oder gar acht solche Druckmacher. Denn: Mehr Kolben machen gröĂere BelĂ€ge (oder mehrere einzelne) möglich, also auch bessere Druckverteilung und höhere Bremsleistung.
(Skizze: Der Dicht- oder Klemmring trĂ€gt seine beiden Bezeichnungen nicht umsonst. Denn er hĂ€lt nicht nur die BremsflĂŒssigkeit im System, er zieht auch den Bremskolben in die Ausgangsposition zurĂŒck, wenn man die Bremse loslĂ€sst.)

Viel hilft viel: Sechskolben-Festsattel einer Suzuki GSX 1400.

Yamaha gehörte zu den ersten Herstellern, die Monoblock-SĂ€ttel in der GroĂserie einsetzten.
Sattelfest: zweiteilig vs. einteilig
UrsprĂŒnglich besteht der Festsattel aus zwei miteinander verschraubten HĂ€lften. Inzwischen geht der Trend zu einteilig gegossenen SĂ€tteln (Monoblock). Ziel ist, zu verhindern, dass sich der Sattel beim Bremsen aufspreizt. Das mindert nĂ€mlich sowohl die Bremsleistung als auch das GefĂŒhl fĂŒr den Druckpunkt und die Dosierbarkeit.

Schwer angesagt: radial angelenkte Scheibenbremsen â auch an normalen StraĂenmaschinen.
Anlenkung: radiale Lösung
Seit einigen Jahren verbauen die Hersteller vermehrt radial angelenkte BremssĂ€ttel. Die Idee stammt aus dem Rennsport. Sinn der Sache: Der Abstand zur Radachse lĂ€sst sich durch DistanzstĂŒcke recht einfach verĂ€ndern. Dadurch kann man die Bremse an unterschiedliche Scheibendurchmesser anpassen.

FĂŒr den Einsatz am Hinterrad reichen simple Schwimmsattelbremsen völlig aus.
Schlicht und einfach: Hinterradbremse
Weil der Löwenanteil der Bremsleistung sowieso auf das Vorderrad entfĂ€llt â du weiĂt schon: die dynamische Achslastverschiebung â kommen am Hinterrad relativ simple Bremsen zum Einsatz. Hier sind nicht nur die Bremsscheiben deutlich kleiner, auch die SĂ€ttel sind meist von der schwimmenden Sorte mit einem oder zwei Kolben.

An der zweiten Hydraulik-Leitung zu erkennen: das Integral-Bremssystem.
Integral-Bremssysteme
In den meisten FĂ€llen sind Vorder- und Hinterradbremse völlig getrennte Systeme. Einige wenige Modelle z.âB. von Moto Guzzi und Honda kombinieren beide Bremsen zu so genannten Integral-Bremssystemen. Je nach Hersteller-Philosophie wird dabei entweder die hintere Bremse ĂŒber den Handhebel oder die vordere ĂŒber das Bremspedal mit angesteuert.
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Bitte beachten!
Bei den Schraubertipps handelt es sich um allgemeine Vorgehensweisen, die nicht fĂŒr alle Fahrzeuge oder alle einzelnen Bauteile zutreffend sein können. Die jeweiligen Gegebenheiten bei dir vor Ort können unter UmstĂ€nden erheblich abweichen, daher können wir keine GewĂ€hr fĂŒr die Richtigkeit der in den Schraubertipps gemachten Angaben ĂŒbernehmen.
Wir danken fĂŒr dein VerstĂ€ndnis.

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